Deeskalationstraining: Definition, Strategien und Übungen

Sie kennen bestimmt unangenehme Beschwerdegespräche oder Konfliktverläufe, in den Sie im Verlauf verbal attackiert wurden. Das Gespräch wurde unsachlich, emotional, die Themen wechselten von einem Vorwurf zum anderen. Diese Konfliktsituationen können in Eskalationen und schlimmstenfalls Übergriffen enden. Nicht selten fehlt eine rhetorische Schlagfertigkeit und Deeskalationskompetenz, mit der man die Situation zumindest in Ansätzen erfolgreich bewältigen kann.

Ein Deeskalationstraining muss, um erfolgreich zu sein, sich zuerst an Ihren aktuellen Stärken orientieren. Gemäß der Aussage: man kann Konflikte und Eskalationen nur mit den Fähigkeiten lösen, die man jetzt hat! Gute Deeskalationstrainer vermitteln Ihnen daher einfache, aber wirkungsvolle kommunikative Handlungsstrategien. Denn egal was Sie an effektiven und umsetzbaren Deeskalationstechniken lernen, es muss auch unter Hochstress funktionieren und abrufbar sein.

Von Dr. Matthias Wolter (14.10.2025)

Inhaltsverzeichnis

  1. Deeskalationstraining: Was ist das?
  2. Warum ist Deeskalationstraining wichtig?
  3. Welche Deeskalationstechniken und Konfliktstrategien gibt es?
  4. Für wen ist ein Deeskalationstraining geeignet?
  5. Übungen und Fallbeispiele aus der Praxis
  6. Häufige Fragen und Antworten zum Thema Deeskalation

Deeskalationstraining: Was ist das?

Ein Deeskalationstraining sollte aus unserer Sicht mehrere Ziele verfolgen: Zum einen Fähigkeiten zu vermitteln, um in herausfordernden Situationen kompetent und zielgerichtet auf Aggressionen und Gewalt reagieren zu können. Zum anderen umfasst es die Fähigkeit zur Selbstkontrolle und die Fähigkeit, unter hohen Stress bewährte Strategien zielgerichtet einzusetzen. Zum dritten umfasst es organisatorische Strukturen. Denn ohne einen systemischen und nachhaltigen Ansatz treten Gewalt und Aggressionen oft wiederkehrend auf. Empfehlenswert sind zusätzlich Debriefings (strukturierte Nachbesprechungen), um nach aggressiven Übergriffen den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, die erlebten Situation, Ängste oder Wut zu reflektieren.

Die Kunst unserer Trainer ist es, Inhalte, Deeskalationstechniken und -strategien zu vermitteln, die die Teilnehmer in ihrem Alltag praxisnah, konkret und umsetzbar unterstützen. Das und nichts anderes ist unser Anspruch an ein Training!

DEESKALATIONSTRAINING FÜR MITARBEITER
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Warum ist Deeskalationstraining wichtig?

Wenn Arbeitnehmer verbal-aggressive, übergriffige oder gar körperlichen Angriffe auf sich oder andere erlebt haben, dann kann sich bei den Mitarbeitern eine fixe Angst oder auch Wut festsetzen. Vor allem eine ständige Angst und Unsicherheit, ob man unbeschadet wieder nach Hause kommt, kann die Reduktion von Leistungsfähigkeit oder vermehrte Krankschreibungen zur Folge haben. Es ist aus mehreren Aspekten insbesondere für den Arbeitgeber wichtig, die Mitarbeiter auf Konflikte und Eskalationen vorzubereiten und sie auch im Nachklang wertschätzend und fundiert bei der Verarbeitung des Erlebten zu begleiten. Hierbei kann die Implementierung eines Bedrohungsmanagements sehr hilfreich und notwendig sein.

Bedrohungsmanagement gemäß ILO 190 über Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt ist eine klare Aufforderung an Unternehmen, Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet:
• Risiken von Gewalt und Bedrohung am Arbeitsplatz systematisch identifizieren
• Präventive Maßnahmen und klare Richtlinien entwickeln
• Meldeverfahren und Schutzmechanismen für Betroffene bereitstellen
• Mitarbeitende und Führungskräfte regelmäßig sensibilisieren und schulen

Ein sicheres und respektvolles Arbeitsumfeld ist nicht nur rechtlich geboten, sondern auch ein entscheidender Faktor für Motivation, Produktivität und Arbeitgeberattraktivität

Welche Deeskalationstechniken und Konfliktstrategien gibt es?

Deeskalationstechniken und Konfliktstrategien sind verschiedene „Werkzeuge“ im Methodenkoffer der Krisenkommunikation und Konfliktbewältigung. Diese Werkzeuge/Techniken können vollkommen unterschiedlich wirken und sich zum Teil auch widersprechen. In einem Konflikt oder einer Eskalation kann es in unterschiedlichen Phasen der Auseinandersetzung ratsam sein, aktiv zuzuhören oder aber auch deutlich die Stimme zu erheben. Je nachdem, was in der Situation beim Gegenüber wirkt! Erlebt man persönliche Beleidigungen, kann es bei einigen Personen hilfreich sein, sie zu ignorieren. Oder entgegengesetzt mit Anerkennungsstrategien zu arbeiten. Fragen, wie skalierenden, hypothetischen oder Verständnisfragen, können sehr nützlich sein, um den Konfliktpartner zu anderen Themen zu führen oder zu zeigen, dass man ein Interesse an den Meinungen/Aussagen hat. Andererseits können zu viele Fragen schnell überfordern und wütend machen. Zusammenfassungen oder Paraphrasieren sind häufig effektive und bewährte Techniken.

Motiv und Ziel in der Deeskalation
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Aus unserer Sicht sollte bei einem sozialen und kommunikativen Methodenkoffer nicht über das eine „richtige“ Werkzeug gesprochen werden, sondern über das „effektivste“ Werkzeug in einer spezifischen Situation.

Grundregeln der Deeskalation

Grundregeln für eine Deeskalation sind immer so eine Sache. Zum einen geben sie einen zuverlässigen  Rahmen, auf der anderen Seite kann es unflexibel machen. Schnell beharrt man auf seine Technik oder Strategie, auch wenn sie nicht funktioniert und ein Konflikt eskaliert. Dennoch gibt es hilfreiche und bewährte Hinweise aus der Praxis:

  • Fragetechniken können in einem Konflikt sehr gut neue Türen öffnen, wie: Was hat Sie denn so wütend gemacht? Was müsste passieren, dass Sie sich ernst genommen fühlen?
  • Vermeiden Sie auf Ihr „Recht“ zu beharren (auch wenn Sie sich sicher sind). Akzeptieren Sie eine andere Meinung. Sie müssen sie deshalb nicht richtig finden!
  • Verlangsamen Sie die Interaktionsgeschwindigkeit. Sie werden kaum eine Eskalation finden, in der langsam, bedacht und überlegt gestritten wurde.
  • Versuchen Sie das Motiv oder Bedürfnis Ihres Konfliktpartners zu erkennen, um Ihre Strategie und Deeskalationstechniken danach auszurichten.

Für wen ist ein Deeskalationstraining geeignet?

Wir bei K7 haben die Erfahrung gemacht, dass unser Deeskalationstraining Mitarbeiter und Führungskräfte in allen Berufsfeldern unterstützen kann. Häufige Einsatzgebiete sind bei uns z. B. Einzelhandel, Service-Mitarbeiter in Bahnen und Zügen, Rezeptionen, medizinische und ärztliche Angestellte, Kinder- und Jugendhilfe, viele Bereiche der kommunalen Verwaltung, Schwimmbäder, Fachkliniken und Reha-Einrichtungen, Fernsehsender und Medien, Steuerfahndung oder Kindergärten. Man sieht, es ist ein buntes Gemisch an Anwendungsfeldern, gleichwohl muss mit den Kunden im Vorfeld besprochen werden, welche Inhalte, welche Methoden für die Mitarbeiter zielführend und praxisnah anwendbar sind. Häufig braucht es auch kein Deeskalationstraining, sondern vielmehr eine Verbesserung der sozialen oder kommunikativen Kompetenz bei den Mitarbeitern und Führungskräften. In anderen Fällen ist es ratsam, sich vor allem die präventiven oder organisatorischen Bedingungen vor Ort anzusehen und auf Relevanz zu prüfen. 

Deeskalation: Übungen und Fallbeispiele aus der Praxis

Wir werden immer wieder gefragt, „Was ist zu tun, wenn …?“ Es ist in jedem Fall notwendig, eine Technik oder Strategie einzusetzen, die zur Person/Situation passt. Ein Beispiel: Im Wartezimmer eines Arztes wird ein Patient immer nervöser, gereizter, lauter und taucht immer häufiger bei den MFA`s auf. Der Hinweis, dass die Person sich beruhigen sollte und wie alle anderen warten muss, macht den Mann nur noch wütender. Als er eine “Ansage” der leitenden MFA bekam, sich „endlich zu beruhigen oder er müsste die Praxis verlassen, wedelte er mit den Fäusten um sich und schrie „Probiert es doch! Ich gehe hier nicht raus!“ Die Situation eskalierte.

Was hätte man tun können? Der Mann hatte schon über 2,5 Stunden gewartet, sah das andere Patienten früher herankamen (diese mussten nur zu Blutprobe, was er nicht wusste) und hatte Schmerzen. In diesem Fall wären eine frühere Zuwendung und die Information, dass es (vielleicht aus guten Gründen) länger dauern wird, wahrscheinlich sehr hilfreich gewesen. Denn Menschen mögen es häufig nicht, wenn sie das Gefühl haben, „nicht wichtig“ zu sein. Man fühlt sich nicht ernst genommen. Transparente Informationen und eine persönliche Ansprache, „Wertschätzung und Bedeutung“ und keine Anweisungen oder Drohungen, können kleine Wunder bewirken.

Stress und Deeskalation. Trainieren unter Stress.
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Häufige Fragen und Antworten zum Thema Deeskalation

Zunächst ist es hilfreich, sich im Vorfeld Gedanken zu machen, welcher Gesprächs- oder Konfliktpartner auf einen zukommt. Was sind die Ziele, Motive oder bestimmte Reizthemen, die beachtet werden sollten? Es kann hilfreich sein, Fremdwörter und die Menge an Informationen zu reduzieren. Gerade bei aufgebrachten, emotionalen Menschen ist die Fähigkeit zur Aufnahme von Fakten und Hinweisen oft sehr begrenzt oder selektiert. Ist eine Vorbereitung im Vorfeld nicht möglich, dann gilt es dennoch zu versuchen, auf die o.g. Fragen Antworten zu finden. Dabei können Verständnisfragen, aktives Zuhören oder das bewusste Verlangsamen eines Gesprächs sehr hilfreich sein.
Es ist zu unterscheiden, ob ein Mensch bereits aggressiv die Besprechungssituation betritt und sofort „loslegt“ oder sich das Aggressionslevel langsam, aber stetig steigert. In beiden Fällen wäre der erste Schritt Deeskalationstechniken einzusetzen, die sich aber in den Methodiken sehr unterscheiden können bzw. müssen. Kommt es sukzessiv zu aggressiven Verhalten, gilt es die Triggerpunkte und Auslöser zu bearbeiten, damit die Emotionalität und Aggression zurückgehen. Ist die Situation jedoch schon, ob verbal oder körperlich, eskaliert, stehen Themen wie Selbstschutz, Abbruch des Gesprächs, Hilfe einfordern oder die Flucht im Vordergrund.
Konstruktiv streiten, einen lösungsorientierten Konflikt zu führen oder effektive Deeskalationstechniken einzusetzen ist oft leichter gesagt als getan. Die Tipps „Ruhig bleiben!“, „Hör nicht hin!“, oder „Du musst keine Angst haben!“ sind oft gut gemeint, helfen aber nicht wirklich. Sie können die Situationen eher noch verschlimmern. Beobachten Sie einmal Ihre Reaktion, wenn jemand zu Ihnen sagt: “Komm mal runter!“ oder vielleicht privat „Chill mal deine Base!“. Ebenso können Bagatellisierungen wie „Das wird schon wieder!“ oder „Wer weiß, wozu es gut ist!“ nicht immer zu einer Verbesserung des Gesprächs oder Konfliktes beitragen.
Lösungsorientiert, wertschätzend und deeskalierend in einem Konflikt oder einer Bedrohungssituation zu bleiben, ist erstrebenswert. Aber leider auch nicht einfach. Grundlage für Souveränität und Professionalität in emotionalen Situationen ist die Kompetenz zur Selbstkontrolle. Diese Kompetenz bedingt, dass man sich selbst sehr gut kennt. Denn man kann nur das steuern, was bekannt ist. Strategien wie Rationalisierung oder „Professionelle Langsamkeit“ erweitern die Handlungsoptionen der Selbstkontrolle.
  • Frühzeitige Konflikterkennung: Mitarbeiter lernen, Konflikte in unterschiedlichen Situationen rechtzeitig zu identifizieren.
  • Verstehen der Bedürfnisse und Motive: Sie erkennen, welche Bedürfnisse, Ziele und Motive hinter dem Verhalten einer anderen Person stecken.
  • Praktische Deeskalationstechniken: Wir fokussieren uns auf umsetzbare, bewährte Techniken, die sofort in der Praxis zum Deeskalieren angewendet werden können.
Unser Seminar zur Deeskalation soll Mitarbeiter zu eigenständigen Lösungen anregen, unterhalten und ihnen Raum zum Üben verschaffen! Und zu guter Letzt soll es Ihnen auch Spaß machen!
Der Name „Kompetenz Sieben“ zielt darauf hin, dass wir für uns sieben Deeskalationsfelder identifiziert haben, aufgrund dessen Mitarbeiter Konflikte und Eskalationen wirksam schlichten und befrieden können. Als erstes, die Fähigkeit selbstbewusst in die Konflikte zu gehen und seine Stärke gezielt abzurufen. Zweitens sich beim „Denken zuzusehen“, was für uns Haltung bedeutet, d. h. möchte ich den Konflikt gewinnen und recht haben oder sehr deutlich meine Meinung sagen. An dritter Stelle steht die Fähigkeit zu erkennen, aus welchem Motiv oder Bedürfnis der Konfliktpartner handelt. An vierter Stelle steht die Kommunikation. Für viele Situationen braucht es unterschiedliche Taktiken und Techniken. Daher befürworten wir einen kommunikativen Methodenkoffer. Nummer Fünf steht für unterschiedliche Handlungsstrategien, insbesondere Techniken und Taktiken zum Selbstschutz. An Nummer sechs finden wir besonders wichtig, die Fähigkeit zur Selbstkontrolle, denn wir glauben, die meisten Fehler passieren unter Stress, und als siebte Kompetenz die Abrufbarkeit von Wissen und Kompetenzen. Denn was nützt all mein Wissen, wenn es mir erst nach dem Konflikt einfällt.
Das hängt ganz von den Teilnehmern und den Zielsetzungen ab. Üblicherweise beschäftigen wir uns bei K7 mit dem Faktor Stress und die Fähigkeit zur Selbstkontrolle in einer Eskalation, sowohl beim Konfliktpartner als auch bei den Mitarbeitern. Im Nachgang stehen Themen wie subjektive Wahrnehmung, Motive erkennen, Situationsanalysen, Bearbeitung von Fallbeispielen auf dem Programm. Für uns das Wichtigste: Die Inhalte und Themen werden gemeinsam besprochen, Ideen ausgetauscht und gemeinsam in tollen und witzigen Übungen ausprobiert. Hier gilt immer die Regel Nummer 1: Alles ist freiwillig! Ein Seminartag „Deeskalation“ soll trotz des ernsten Themas Spaß machen, Mitarbeiterorientiert geführt werden, angeleitet von Trainer:Innen, die wissen was zu tun ist. Sie haben noch Fragen zu dem Thema Deeskalationstraining für Mitarbeiter? Dann kontaktieren Sie mich oder das Team von Kompetenz-7 – wir freuen uns immer über Feedback!

Ihr Feedback freut uns!

Wenn Ihnen dieser (wie immer viel zu kurze oder zu oberflächliche) Meinungsblog gefallen oder auch nicht gefallen hat, schreiben Sie mir gerne ein Feedback. Auch wenn Sie Anregungen für einen neuen Blog haben, freue ich mich über Ihre Zuschriften.

Ihr Matthias Wolter

wolter@kompetenz-sieben.de